The hidden method of Paganini Paganini in Wien

Ein Blog von Paganini-Experte und Solist Mario Hossen

 

Paganini erobert Europa von Wien aus 
Fürst Metternich sei Dank. 

1828 ist in Europa kaum ein anderer Musiker von einem solch geheimnisvolle Licht umgeben wie Niccolò Paganini. Das am 27. Oktober 1782 in Genua geborene Genie war der am meisten bewunderte Geigenvirtuose aller Zeiten. Für seine Zeitgenossen war sein Talent teils göttlicher, teils diabolischer Natur. Er entlockte der Geige bis dahin ungekannte Klangwirkungen und Kunststücke. Sein Spiel überraschte, schockierte, berauschte, ergriff und verzauberte. Kein Wunder, dass das Gerücht umging, Paganini hätte seine Seele dem Teufel verkauft. Sein angenehmes äußeres Erscheinungsbild und seine brillante Spieltechnik machten ihn bereits zu Lebzeiten zu einer Legende. 

"In Paganinis Adagio hörte ich einen Engel singen"
Franz Schubert 

14 Konzerte, die Wien verwandeln 

Paganini startet die Eroberung Europas auf Einladung von Fürst Metternich mit einem viermonatigen Aufenthalt 1828 in Wien. Das Konzert am 29. März im grossen Redoutensaal ist das erste Konzert überhaupt, das Niccolò Paganini auf ausländischem Boden gibt. Am nächsten Tag ist Wien wie verwandelt: In den Schaufenstern werden Handschuhe und Teigwaren à la Paganini verkauft, Spazierstöcke tragen sein Konterfei. Eine Massenhysterie breitet sich aus. Jeder will Paganini spielen hören. Die ersten fünf Konzerte - mehr waren zunächst nicht vorgesehen - fanden in Großen Redoutensaal statt, Kerzen verbreiteten festlichen Glanz. Am Ende sind es vierzehn Konzerte, die Paganini in Wien gibt: sieben im großen Redoutensaal, zwei im Burgtheater, und fünf im Kärntnertor Theater. Mit seinem letzten, "Addio a Vienna",  verabschiedet er sich am 24. Juli 1828 von der Stadt und beginnt mit der friedlichen Eroberung Europas. Zuvor ernennt ihn der Kaiser noch zum „k.k. Kammer-Virtuosen“ und lässt ihm eine goldene Dose überreichen. 

Der Komponist Paganini als Inspiration für weitere große Meister 

Paganinis Kompositionen wirkten auf viele Musiker inspirierend: Liszt ließ sich von Paganinis Virtuosität zur Entwicklung neuer pianistischer Möglichkeiten inspirieren (Sechs große Etüden nach Paganini), Schumann übertrug die Capricen Paganinis auf das Klavier, Johann Strauss spielte Walzer à la Paganini (Op.11), Johannes Brahms komponierte Klaviervariationen auf die 24. Caprice und der russische Komponist Sergei Rachmaninow schrieb eine Rhapsodie über ein Thema von Paganini. 

In Wien entstandenen Kompositionen Paganinis 

Zu den in Wien entstandenen Kompositionen Paganinis gehören sein Drittes Violinkonzert in E Dur, die "I Palpiti" Variationen, die "Maestosa Sonata Sentimentale", ein Werk als Huldigung an den anwesenden Kaiser - die Kaiserhymne "angestimmt" - viele kleine kammermusikalische Kompositionen, ein "Capriccio con Variazioni" über Mozarts "La ci darem la mano" aus "Don Giovanni" und viele andere.

Die Forschung zu Paganini und die Liste der Kompositionen 

Der 1982 von der Stadt Genua anlässlich des zweihundertsten Geburtstags von Paganini in Auftrag gegebene “Catalogo tematico delle musiche di Niccolò Paganini“, herausgegeben von Maria Rosa Moretti und Anna Sorrento (daher die Abkürzung “MS“), ist ein grundlegendes Werk, das Paganinis Kompositionen in ihrer Gesamtheit auflistet. Die Paganini-Forschung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten erweitert. Die originalen Paganini-Manuskripte offenbaren, dass er seine musikalischen sowie seine praktischen Ideen zur Aufführung sehr genau niederschrieb. Die umfangreiche Sammlung von Paganinis Manuskripten, die früher im Ausland aufbewahrt wurde, wurde 1972 von der italienischen Regierung gekauft und an die Biblioteca Casanatense in Rom übergeben. Das Erarbeiten einer Komposition mit einer vertrauenswürdigen Version ist nicht nur ein kleines Detail; es ist essentiell für den Interpreten – und den Zuhörer – um die Musik wirklich zu verstehen.

Der Hauptzweck der „Urtext-Editionen“ ist, die Fassung des Komponisten, oder eine möglichst ähnliche Version, mit begleitenden Informationen zu allen relevanten Quellen anzubieten und dann die Interpreten selbst entscheiden zu lassen, wie sie vorgehen möchten. Striche und Fingersätze der Herausgeber geben stets nur Vorschläge. Der Interpret sollte dabei seine eigenen Entscheidungen treffen; das ist das Merkmal, eines Musikers und Künstlers. Die Verwendung von Urtext-Editionen ist beim  Einstudieren von Paganinis Werken genauso unerlässlich wie bei den Kompositionen Mozarts, Beethovens und anderer großer Komponisten. 

Die genaue Ausführung von Paganinis Artikulationszeichen hilft uns dabei, den für seine Kompositionen so besonderen Belcanto-Stil des virtuosen Violinspiels viel besser zu verstehen. Bezüglich der Interpretation von Paganini und der richtigen Art der Bogenführung möchte ich diesen Aspekt hervorheben. Ohne die Kenntnis der speziellen Paganini-Bogenführung ist es nicht möglich, die originalen Paganini-Phrasen zu verstehen, die in seinen Manuskripten so perfekt ausgeglichen, so logisch und klar sind. 

 

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Audio: Paganini Ensemble Vienna on 1.10. in Vienna Konzerthaus
Bilder:
1. Metternich Palais
2. Preparing the Paganini urtext complete edition for Violin and Orchestra. Mario Hossen in conversation with Dr. Angela Pachovsky (Doblinger Edition, Vienna)
3. Suonata Maestosa Sentimentale, Autograph (Vienna)
4. Paganini In Vienna, Poster, 1828
5. Vienna, Old Burgtheather

 

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