Die Geheimnisse von Paganini: Wer ist Niccolo Paganini?

Ein Blog von Paganini-Experte und Solist Mario Hossen

 

„Paganini ist der Wendepunkt der Virtuosität“
(Robert Schumann)

Niccolò Paganini (1782-1840) war ein italienischer Violinist, Gitarrist und Komponist. Er war der führende und berühmteste Geigenvirtuose seiner Zeit und gilt heute noch als der Geigenvirtuose par excellence.  

Mit der Bezeichnung „Virtuose“ bezeichnete man zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen „technisch vollendeten, brillanten Meister in der Kunst, vor allem in der Musik“. Heute wird Virtuosität üblicherweise im Sinne von herausragender Spieltechnik verstanden, während dieser Begriff bei Paganini weiter gefasst war. Abgesehen von seiner herausragenden Spieltechnik machte er nämlich seine Violine zu einem Ausdrucksmittel seiner innersten Empfindungen und seiner charakteristischen musikalischen Botschaft. Paganini konnte die Musik auf seinem Instrument mit außergewöhnlicher Ausstrahlungskraft, Wahrheit, Treue und Innigkeit ausdrücken.

Der Ausdruck der stürmischen Leidenschaften ebenso wie der tiefsten, zärtlichsten Gefühle, der Leiden wie der Freuden bedeutet bei Paganini höchste Virtuosität. Ohne diese emotionale Komponente ist seine Musik nicht vollkommen zu verstehen.

 

Zu Paganinis Spielweise
Paganini war in der Tat ein Tonkünstler im höheren Sinne und auf eigene unvergleichliche Art. Carl Guhr schrieb 1829 einen Traktat, der sich systematisch mit der Ästhetik von Paganinis Violinspiel und mit dessen Techniken beschäftigte. Er zeigte, dass Paganinis Personalstil fast gänzlich auf dem traditionellen italienischen Violinspiel basierte. Was ihn davon unterschied, war der exzessive Gebrauch besonders schwieriger, teilweise ganz neuer Techniken und die damit auf der Bühne erzeugte Aura des Persönlichen und Genialen. Paganini hielt den Bogen eng am Körper und spielte überwiegend auf der oberen Bogenhälfte. Das erklärt auch, warum er bei seinen originalen Bogenstrichen sehr oft Auftakte mit Abstrich und Betonungen mit Aufstrich spielte. Paganinis Spiel wirkte sehr dramatisch und abwechslungsreich. In allen Konzertprogrammen spielte Paganini immer ein Werk auf der vierten G-Saite wie auch Skordatur-Werke (alle 4 Saiten um einen halben Ton höher gestimmt). 

Berühmt war er für rasante Tempi und eine große Bandbreite der Dynamik vom quasi gehauchten Flautando bis zum weit tragenden Fortissimo. Außer den für die Violine üblichen Klangfarben erzielte er Schattierungen, in denen er sich Naturklängen annäherte, wie etwa Vogelstimmen, dem Schlag der Nachtigall oder festlichen Glockentönen. Das Doppelflageolettspiel über lange Passagen war ein für ihn besonders typischer klanglicher Effekt. Höchst virtuos beherrschte Paganini die Mischung von Bogenstrich und Pizzicato mit der linken Hand – eine Technik, die er zur Perfektion entwickelte. Der Bogenstrich ist das Mittel zur Erlangung künstlerischer Artikulation und in virtuosen Stücken für das Variieren einer einzigen Phrase und Idee auf vielfältige Weise unerlässlich. Die exakte Ausführung von Paganinis Artikulationszeichen ist für das bessere Verständnis des für seine Kompositionen so wichtigen Belcanto-Stils sehr hilfreich.

 

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Des Weiteren ist bei Paganini das Staccato als Ausdruckmöglichkeit von großer Wichtigkeit. Sein Gebrauch von Staccatozeichen ist sehr exakt. Der spezielle Effekt des Staccatospiels des 18. und frühen 19. Jahrhunderts ist ein Absetzen bzw. Hervorheben einzelner Töne. Üblicherweise resultiert das Staccato normalerweise aus dem Halbieren der jeweiligen Notendauer in gleiche Anteile von Klang und Pause zusammen mit einem Gefühl der Akzentuierung. Natürlich unterscheidet sich die Art des Staccatospiels je nach Tempo. Punkte über den Noten bedeuten, dass diese gestoßen, aber nicht abgehoben gespielt werden müssen.

Zwei Kompositionen, die "24 Capricci" für Violine solo, op.1,  (1817) und die didaktische 60 "Baracubà Variationen" (1836), weisen einen Blick über wichtige Aspekte der Paganini Aufführungspraxis. Die 24 Capricci gehören sicherlich zu denjenigen Meisterwerken der Violinliteratur, die jeder professionelle Geiger studieren sollte. Der Komponist widmete die 24 Capricci „Alli Artisti“ („den Künstlern“) und stellte damit jeden Virtuosen vor eine große technische und musikalische Herausforderung. Dieses Werk war sozusagen Paganinis Visitenkarte, noch Jahre vor seiner ersten Konzerttournee außerhalb Italiens, die ihn 1828 nach Wien führen sollte.

Video: Mario Hossen spielt Adagio espressivo des Paganini Concerto No. 1 im Original E-flat Major 
Bild 1: Paganini (1818) 
Bild 2: Konzertposter mit Standardprogramm
Bild 3: Paganini (1832)
Bild 4+5: Paganinis wichtigstes methodisches Werk: Die 24 Capricci, gewidmet "to the artists" und die 60 "Barucaba" Variationen

 

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